100  Jahre SPD Ortsverein Bad Wildungen 1919 – 2019

Angefangen hat alles in Bad Wildungen mit dem Schuhmacher Karl-Heinrich Klapp.

1884 gründete er ein Schuhgeschäft mit angeschlossener Reparaturwerkstatt in der Brunnenstraße. (Heute Juwelier Volkwein).

Klapp bekannte sich bereits um die Jahrhundertwende offen zur Sozialdemokratie und nahm regelmäßig als Delegierter und Vertrauensmann im Wahlkreis Waldeck/Pyrmont an Bezirksparteitagen, Versammlungen und Schulungen teil.

Während des 1. Weltkrieges half Klapp die Wildunger Kriegsjugendwehr auszubilden. Er initiierte Sammlungen für die Familien minderbemittelter Kriegsteilnehmer. Viele Bürger bewunderten ihn, wegen seiner scharfzüngigen Kritik an den städtischen Einrichtungen. (Gegner nannten ihn einen überspannten Gernegroß, der mit aller Gewalt was aus sich machen wollte), Aber er nutzte das Forum nicht nur zur Stimmungsmache gegen die Politik sondern auch zur Verbreitung sozialdemokratischer Ideen!

Am 18. November 1918 eröffnete er die erste Vollversammlung des Wildunger Arbeiter und Soldatenrates. Er wurde zum Vorsitzenden gewählt.  Am 12. März 1919 trat er davon zurück.

 Er zählte zu den ersten Männern der SPD. Einige Male besuchte ihn Philipp Scheidemann! Auch er blieb weiterhin in der SPD aktiv!

 Am 18. Februar 1919 fand in der Gaststätte Schloßbräu eine Versammlung statt, in der die SPD-Ortsgruppe gegründet wurde. Es traten 110 Personen bei, darunter zahlreiche Frauen. (Das Frauenwahlrecht machte Mut!)

 Wie sagte August Bebel: Es gibt keine Befreiung der Menschheit ohne die soziale Unabhängigkeit und Gleichstellung der Geschlechter

 Vorsitzender der Ortsgruppe wurde der Maler Hans Erich Schotte, er war auch Mitglied im Gemeinderat. Weiterhin gehörten dem Vorstand Otto Deichmann, Karl Schäfer, Fritz Meermann und Fritz Lock an.

 Unsere Genossen hatten es nicht leicht. Sie haben aber die sozialdemokratischen Ideen getragen und weitergegeben.

 Ja und dann kam das Grauen, der Nationalsozialismus!

Am 25.06,1933 kam ein Funkspruch vom Minister des Inneren:

SPD-Mitglieder sind von der Ausübung ihrer Mandate auszuschließen. Die SPD ist als staats- und volksfeindliche Organisation anzusehen. SPD-Versammlungen und Versammlungen ihrer Hilfsorganisationen sind zu verbieten.

 Ein weiterer SPD-Genosse war Joseph Arend. Er arbeitete in einer Nebenstelle als Leiter des Wildunger Arbeitsamt.  Von 1925 bis 1929  war er für die SPD  in der Waldecker Landesvertretung. 1930 wurde er in den Wildunger Magistrat gewählt, 1931 trat er zurück.

1933 verlor Joseph Arend die Stelle beim Arbeitsamt und wurde in Schutzhaft genommen. Man beschuldigte ihn, er habe sich abfällig über nationalsozialistische Bewegung geäußert.

Man brachte ihn am 28. Juli 1933 ins KZ Breitenau. Am 21. August wurde er wieder entlassen. Von den Folgen hat er sich nie wieder erholt. Fam. Arend zog dann nach Kassel. Dort verstarb er 1938.

 Seine Frau Friderike Arend trat auch schon 1927 in den Ortsverein ein.  1930 gründete sie die Wildunger Frauengruppe.

1933 stand sie im Frühjahr auf der SPD-Stadtverordnetenliste.

Es kam alles anders. Aber diese tapfere Frau hat nie aufgegeben.

Nach dem Krieg kam sie wieder nach Wildungen und wurde 1946 ins Wildunger Stadtparlament gewählt. Sie arbeitete im Parlament unter vielen Bürgermeistern: BGM Keller, Spelsberg, Schuldt, Rodemer und Dr. Lückhoff.

Sie engagierte sich vor allem für soziale Dinge z.B. Kindergärten, Spielplätze, Altenheime. Hier kämpfte sie für soziale Gerechtigkeit.

 Zitat: Ich war immer froh, wenn ich jemanden helfen konnte.

 Auch Ihre Frauengruppe existierte bis in die 80 Jahre.

Alle unsere Vorgänger und Vorgängerinnen hatten ganz intensiv das Soziale im Blick. Sie kümmerten sich, mussten oft Schelte und Schlimmeres ertragen, aber sie haben nie aufgegeben.

 

Wie sagte Otto Wels:

  Freiheit und Leben kann man uns nehmen – die Ehre nicht!